Alice Schwarzer müsste eigentlich aufschreien. Denn im Himmel gibt es sie noch – Geschlechtertrennung pur. Die Engelchen werden ausschließlich von Frauen besetzt, die Männer schlüpfen in die Kostüme der Weihnachtsmänner. Das verlangt die Tradition. Die, die im Dezember auf Erden mit ihren heiligen Rollen richtig Geld nebenbei verdienen, stört das natürlich wenig. Denn der Nebenjob als Christkind oder Nikolaus ist einer der lukrativsten überhaupt.
Es ist kein Wunder, dass dieser Job heiß begehrt ist: Insbesondere Rentner und Studenten reißen sich förmlich um die begehrten Stellen. Doch die Arbeitszeiten lassen auch eine nebenberufliche Tätigkeit als Weihnachtsmann zu, denn die meisten Auftritte werden zwischen 15 und 19 Uhr am Heiligabend gebucht.
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Vielfältige Einsätze rund um die Adventzeit
…ein Weihnachtsmann für einen 15-Minutenauftritt zwischen 25 und 30 Euro verdient? Dabei ist das Trinkgeld noch nicht einmal mitgerechnet.
Doch die Bescherung zu Hause unterm Tannenbaum ist keinesfalls das einzige Einsatzgebiet für Nikoläuse. Bereits am 6. Dezember, dem Gedenktag des Bischofs Nikolaus von Myra, warten unzählige Kinder begierig auf den gütigen Mann mit dem weißen Rauschebart, der ihnen nicht nur dann Geschenke bringt, wenn sie ganz besonders brav waren.
Weitere Einsatzgebiete sind vorweihnachtliche Feiern von Kindergärten, Grundschulen und Vereinen. Auch für betriebliche Weihnachtsfeiern werden Nikoläuse gern gebucht. Dort kommt es allerdings weniger darauf an, gekonnt Geschenke zu verteilen, es geht mehr um die humorige Abrechnung der „Sünden“ der lieben Kollegen und vor allem der Vorgesetzten – dafür werden die verkleideten Aushilfsjobber vorab natürlich entsprechend instruiert.
Und natürlich kommen Kaufhäuser und Spielwarengeschäfte als Einsatzorte infrage, damit Kinder dem Weihnachtsmann höchstpersönlich ihren Wunschzettel übergeben können. Mama und Papa sorgen dann dafür, dass der „echte“ Weihnachtsmann an Heiligabend die Geschenke auf den Gabentisch legen kann – die Lieferung erfolgt frei Haus.
Spezialagenturen vermitteln Weihnachtsmänner
Für die Vermittlung von Weihnachtsmännern sind spezialisierte Agenturen zuständig. Bei denen stellen sich Interessierte am besten persönlich vor, lässt sich auf Herz und Nieren prüfen und in die Kartei aufnehmen. Studenten können auch die studentische Arbeitsvermittlung ihrer Hochschule in Anspruch nehmen, um sich als Nikolaus oder Engelchen vermitteln zu lassen.
Bei den studentischen Vermittlungen werden die Kostüme in der Regel auch ausgeliehen, wofür eine Kaution von etwa 30 Euro hinterlegt werden muss. Agenturen erwarten hingegen meistens, dass Weihnachtsmänner und Engel ihr Kostüm selbst mitbringen. Doch die einmalige Anschaffung der Kleidung lohnt sich. Jeder einzelne Auftritt bringt bis zu 30 Euro ein. Ein geübter, gut organisierter Nikolaus oder ein fleißiges Engelchen schafft bis zu zehn Auftritte am Tag. Da kann sich jeder selbst ausrechnen, was am Ende des Tages dabei herauskommt.
An die korrekte Bekleidung werden dabei höchste Ansprüche gestellt: Weißer Bart, Stiefel, schwarze Hose, eine rote Kutte und ein derber Jutesack sind für die Weihnachtmänner Pflicht, eine Rute dagegen absolut tabu – das ist der Job von Knecht Ruprecht. Engel müssen ein weißes oder goldenes langes Kleid tragen, dazu brauchen sie Flügel und ein wenig Glitzer.
Professionalität ist wichtig
Bei der Besetzung der Figuren herrscht, wie schon geschildert, strengste Geschlechtertrennung. Weil ein Kind sofort merkt, wenn der Weihnachtsmann eine Frau ist, kommt diese Besetzung ebenso wenig infrage wie ein Mann als Engelchen. Erwartungshaltungen müssen schließlich befriedigt werden, wenn bei der Bescherung keine Tränen fließen sollen.
Freundlichkeit, insbesondere Kinderfreundlichkeit ist als Nikolaus oder Engelchen oberstes Gebot. Dazu muss ein Weihnachtsmann Ruhe und Güte ausstrahlen. Hektik ist selbst bei einem vollen Terminkalender absolutes Tabu. Damit er pünktlich am Einsatzort erscheint, muss er seine Termine und Fahrtrouten genau planen – inklusive Puffer für Staus und Verzögerungen bei den Auftritten: Deswegen sind übrigens auch nur so wenige Auftritte am Nikolaustag und Heiligabend möglich und die offenen Stellen für diesen Nebenjob so zahlreich.
Absolut wichtig sind schauspielerisches Talent und die Bereitschaft, voll in der Rolle aufzugehen – auch optisch: Erwachsene schmunzeln zwar darüber, wenn unterm roten Mantel Jeans und Turnschuhe vorlugen oder plötzlich das Handy des Nikolauses klingelt. Doch Kinder sind bitterlich enttäuscht, wenn der geheimnisvolle Weihnachtsmann sich als gewöhnlicher verkleideter Mensch entpuppt.